Mein Tee-Garten

Mein Tee-Garten ist unerhört laut, denn ich finde es spannend, meine Tees aus Blüten zu mischen. Das führt dazu, dass man nicht nur eine Sonnenbrille zum Tee pflücken aufsetzen muss, sondern auch ständig von einer Wolke brummender Insekten umgeben ist.  Ein dauerhafter Blühstreifen für Insekten war das ursprüngliche Ziel.
Also habe ich um das Grundstück herum einen 2m tiefen Streifen umgegraben und alles eingesät, was sich in vielen Jahren in meiner Saatgutkiste angesammelt hatte. Erst später habe ich gesichtet, selektiert und sortiert. Doch eines war relativ schnell klar:

Phacelia tanacetifolia & Malva sylvestris

Die Insekten und ich, wir haben den gleichen Geschmack! Und bei dem Platz der mir zur Verfügung steht, kann ich es mir leisten, auch Pflanzen stehen zu lassen, die ich nicht oder höchst selten beernte, wie z.B. die Färberkamille Anthemis tinctoria oder den Klatschmohn Papaver rhoeas. So ergibt sich ein stimmiges Bild und der Streifen blüht durch. Das Heilpflanzensortiment ist gigantisch und hält sich nicht an meine geliebten Beetkonzepte oder Höhenstaffelung.Es besteht vielmehr aus Pflanzen aller Lebensbereiche.  

Anthemis tinctoria, Malva sylvestris & Achillea millefolium
Anthemis tinctoria, Malva sylvestris & Achillea millefolium

Daher ist es von Vorteil, wenn sich der Teegarten nicht nur an der sonnigen Südseite des Grundstücks entlang zieht, sondern dann den lichten Baumschatten eines Kirschbaums kreuzt, um dann im Schlagschatten des Hauses auszulaufen. An einer Stelle wird dieser Streifen dank der wilden Malve Malva sylvestris 2m hoch, an anderer erreichen bodendeckende Thymiane in der Blüte knapp 5cm. Selbstverständlich muss man nicht alle möglichen Pflanzen kultivieren. Vielleicht gehören Sie eher zu dem „Minze-Typ“ oder wie ich zu dem „Agastache-Typ“. Vielleicht legen Sie aber auch mehr Wert auf die heilenden Inhaltsstoffe von Fenchel und Thymian statt auf Geschmackserlebnisse. 

Doldenblüher

Foeniculum vulgare `Rubrum´

Himbeeren

Rubus idaeus 

Agastache rugosa `Blue Fortune´

Lamium purpureum `Chequers´

Blütenstand

Thymus vulgaris

Erntezeit ist die ganze Saison, allerdings nur sofern es trocken ist. Jede Pflanzenart weist zu einer ganz bestimmten Jahres- oder Tageszeit die höchsten Konzentration an Aromen und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen auf. Die ersten Wildkräuter wie Purpurrote Taubnessel können bereits ab März geerntet werden. Ich ernte immer nur einen Teil. Der andere bleibt für die erwachenden Hummelköniginnen stehen. An einem luftigen Ort, geschützt vor UV-Strahlung, kann die Ernte trocknen. Hat man keine Möglichkeit sie aufzuhängen, kann man sie auch in ein Sieb oder auf ein sauberes Küchentuch legen.

Kraeutertrocknung_01

Jetzt heißt es Warten. Das ist nichts für ungeduldige. Denn bis die Kräuter rascheltrocken sind können je Witterung auch mehrere Tage vergehen. Ratsam ist es, in kleine Bündeln oder nur dünnne Schichten zu trocknen. Im luftfeuchten Haus trocknen die Kräuter selten richtig durch. Am besten eignet sich ein Dachboden oder ein schattiger Ast an einem  heißen, luftigen Sommertag.

getrocknete Blüten 05

Irgendwann ist es so weit, der Tee ist durchgetrocknet und kann zerkleinert, gemischt und einzeln verpackt werden. Sorgfältig beschriftete Schraubgläser eignen sich nur, sofern sie an einem dunklen Ort aufbewahrt werden. Theoretisch ist der Tee jetzt ewig haltbar, verliert allerdings mit der Zeit immer mehr Wirk- und Aromastoffe. Da er jedes Jahr nachwächst reicht es, einen überschaubaren Vorrat anzulegen. Mit kochendem Wasser überbrüht lösen sich die wertvollen Inhaltsstoffe aus den Blättern und Blüten. Die Färbung ändert sich oft während der Ziehzeit. Je nach Pflanzenart mal von blau nach grün oder mal von gelb nach braun. Vor allem die Blüten der wilden Malve geben Farbe.

Die langen Winter mit Erkältungen können mir keine Angst mehr einjagen. Meine Oma wusste es natürlich schon: Gegen alles ist ein Kraut gewachsen. Dank meiner Pflanzensammelwut habe ich ein ganz beachtliches Sortiment zusammengetragen!
Und nach einem arbeitsreichen Tag mit einer Tasse Tee durch den Garten zu spazieren, die Insekten bei ihrem bunten Treiben zu beobachten und zu prüfen ob sich die erste Knospe meiner Lieblingsiris schon geöffnet hat – das ist für mich Entspannung pur! 

Giftige Pflanzen wie Euphorbien (rechts im Bild) sollten sicher erkannt werden, damit sie nicht aus Versehen gepflückt werden.

Ende